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Unser Warum

Aktualisiert: 22. Juni 2020

Die Suche nach der persönlichen und beruflichen Sinnerfüllung und damit Zufriedenheit eines einzelnen Schülers oder einzelnen Schülerin steht mehr denn je im Interesse der nachfolgenden Generationen. Insbesondere die Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0 und Bildung 4.0 stellen ganz andere Anforderungen an die fachlichen und vor allem sozialen Skills dieser Schülergenerationen. Darüber muss man dringend sprechen und LehrerInnen und SchülerInnen nachhaltig unterstützen.

Warum eine solche Initiative „Finde Dein WHY“? als Verantwortung übernehmende Wirtschaftspraxis-Hochschul-Kooperation ?

1. Die Arbeitswelt, die schon da ist und mit Siebenmeilenstiefeln kommt, ist nicht mehr zu vergleichen mit der der Generation Y oder gar der der Baby Boomer. Es ist einfach nicht mehr möglich und verantwortlich, die alten Vorstellungen und Konzepte der Arbeits- und Studierwelt als Orientierungsbasis für die jungen Nachwuchsgenerationen zu vermitteln. Es ist Ende der Fahnenstange. Diese Karrieremuster sind vorbei.

Beispiele gewünscht ?

- In den USA haben zuletzt 15 große Firmen sogar den College-Abschluss als formale Einstellungsvoraussetzung abgeschafft (Stifterverband/McKinsey& Company, Hochschul-Bildungsreport 2020, Jahresbericht 2019, S.15). Reichen die Bachelor- oder Masterqualifikationen als Formalabschlüsse nicht mehr? Sind die Lerninhalte zu schnell veraltet? Ist die Halbwertzeit des Wissens noch schneller geworden ? Auch in Deutschland erkennt man den Trend: „Die Arbeitgeber erkennen Abschlüsse immer weniger als Qualitätssiegel“ stellen A.Laurencon und Anja C. Wagner in ihrer Bestandsaufnahme „B(u)ildung 4.0“ (unter Hinweis auf Untersuchungen von Dierig et al. 2013) fest. (A. Laurencon; Anja C. Wagner: B(u)ildung 4.0, Berlin, 2018, S.110). Hinzu kommt, dass die absolute Mahrheit der Top 30 Unternehmen des DAX ihre Ausbildungszahlen für Auszubildende seit Jahren massiv reduzieren. SAP hat sich von dieser Dualen Ausbildung völlig verabschiedet (B. Gillmann: Die neuen Leer-Stellen; in: Handelsblatt 28.12.2018)

- Das Normalarbeitsverhältnis (Angestellte) stirbt einen schleichenden Tod. Man rechnet damit, dass bis 2030 nur 35% der Erwerbstätigen ein solches „normales“ Arbeitszeit- bzw. Angestelltenverhältnis erhalten. Der überwiegende Teil wird sich als Freelancer, Crowdworker, Gigworker oder Projektmitarbeiter sowie auf Selbständigenbasis (Entrepreneur) durch das Arbeitsleben schlagen (A. Laurencon; Anja C. Wagner: B(u)ildung 4.0, Berlin, 2018, S.87; S.183). Das ist die MEHRHEIT der Erwerbstätigen. Ignorieren oder schlichtes Wegsehen ist hier unverantwortlich und hilft nicht.

Sind die SchülerInnen und StudentInnen auf diese Entwicklungen vorbereitet ?

Das Landesarbeitsgericht München hat erst vor kurzer Zeit nochmal festgelegt, das solche „Freelancer“, rechtlich gesehen selbständig sind, sich also um den nächsten Job, die soziale Absicherung und Altersvorsorge selbst kümmern müssen (https://www.linkedin.com/pulse/kommt-jetzt-das-goldene-digital-jahrzehnt-wer-schlau-ist-hartlmaier/)

Die US-Freelancer-Union „Upword” prognostiziert, dass von derzeit 53 Mio. US-Erwerbstätigen spätestens ab 2027 die Mehrheit der US-Erwerbstätigen, also ca. 86,5 Mio. Erwerbstätige Full- und Parttime-„Freelancer“, auch „independant contractors genannt, sein werden, und damit die Zahl der „Non-Freelancer“ (83,4 Mio.) erstmals überholen wird (https://www.upwork.com/blog/2017/10/freelancing-in-america-2017/, Abruf 29.4.2020)

Schon jetzt sind 1/3 der Generation Y-Erwerbstätigen in den USA: Freelancer. Mit allen Vor- und Nachteilen. Schon jetzt haben 34% der US-Erwerbstätigen einen „Zweitjob“. 40% „will be engaged in quick „gigs“ and project-based work”.

„Eine Freelance Ökonomie nach US Muster bedeutet nicht nur das Ende des europäischen Sozialstaates. Es ist auch das Ende des klassischen Bildungssystems, das wie das Gesundheitssystem Teil der sozialen Errungenschaften war. Die Menschen müssen nunmehr selbst aktiv werden“ (https://frolleinflow.com/2016/06/23/das-bildung-4-0-manifest/; Abruf 29.4.2020)

2. Und was ist mit den Beschäftigungs- und Arbeitsmarkteffekten der zunehmend dynamisch auftretenden Künstlichen Intelligenz, der Robotics, der Automatisierung von Arbeit, der Industrie 4.0, der Internet-of-Things, der Algorithmisierung der Arbeit und Privatsphäre? Wie sieht die neue Fertigungshalle des Daimler Konzerns (Factory 56) aus?

Schon 2014 stellte G. Dueck (ehemals Chief Technology Officer IBM Deutschland; Prof. für Mathematik Uni Bielefeld, Unternehmer und Angel-Investor) fest: „Wer heute in einem Beruf nur mittelmäßig ist, packt ihn demnächst nicht mehr, eben weil es nur noch Schwieriges zu erledigen gibt. Man kann nicht mehr wie früher die Leistungsschwächeren mit einfachen Aufgaben betrauen, weil es die in den besser bezahlten Berufen nicht mehr gibt. Es öffnet sich die Schere zwischen den Menschen, die das Schwierige beherrschen, was Computer, Navis und Apps (noch) nicht leisten – und zwischen den Menschen, die am Schwierigsten scheitern und deshalb die Arbeit mit Computern verrichten, die ihnen Instruktionen erteilen. Die Ersteren werden gut bezahlt, die anderen müssen Lohndumping befürchten“

(G. Dueck: Shit happens; in: DIE WELT, 6.9.2014)

In das gleiche Horn bläst auch Peter Thiel, Mitgründer der PayPal-Plattform und Facebook-Investor hinsichtlich der Studienwahl: „An der Universität sichern sich Studenten ihre Zukunft, indem sie ein Portfolio von exotischen und irrelevanten Fähigkeiten erwerben. Universitäten halten große Stücke auf die Qualität der Bildung, und die dicken Vorlesungsverzeichnisse mit ihren willkürlich eingeteilten Wissensgebieten unterstreichen den Glaubenssatz: „Es ist egal was Du tust, Hauptsache du machst es gut“.

Leider stimmt das nicht. Es kommt sehr wohl darauf an, was wir tun.

Daher sollten wir unsere Kräfte unermüdlich auf etwas richten,

das wir gut können, aber vorher müssen wir uns Gedanken machen, ob es auch in Zukunft noch einen Wert haben wird“

(P. Thiel: Zero to one, Frankfurt, 2014, S.91)

Und dies bei der neuen Rekordzahl von 20.123 Bachelor- und Masterstudiengänge (WS 2019/20) in Deutschland. (Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz; Centrum für Hochschulentwicklung CHE: Die Vielfalt der Studiengänge 2019“, Gütersloh, 2019).

Der Stifterverband und die Beratungsgesellschaft McKinsey& Company,

prognostizieren in ihrem Hochschul-Bildungsreport 2020, aus den Daten einer ZEW-Studie (Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung), dass der „Anteil der Tätigkeiten, die voraussichtlich durch Automatisierung ersetzt werden“, differenziert nach Bildungsstufen, rund 27% (= 10,8 Mio.) der erwerbstätigen Akademiker, trotz Hochschulabschluss oder gar Promotion, beträgt. Für alle restlichen Bildungsstufen und -abschlüsse bewegen sich die Substitutions-Prognosen zwischen 35% (Fachschul-/Berufsakademieabschluss) und 70% (Haupt- und Realschulabschluss).

(Stifterverband & McKinsey& Company: Hochschulbildung für die Arbeitswelt 4.0, Hochschul-Bildungsreport 2020)

Fazit:

Wie sollen sich SchülerInnen und Studierende da noch entscheiden (können)?

Hinzu kommt, dass man nicht mehr ewig von der Erstausbildung leben kann. Einmal Diplom, Bachelor oder Master, das wird nicht mehr reichen. Dauerhaftes, lebenslanges Lernen ist angesagt oder „AUSBildung ist nie mehr AUS“, wie A. Laurencon und Anja C. Wagner knallhart formulieren.

(A. Laurencon; Anja C. Wagner: B(u)ildung 4.0, Berlin, 2018)

Haben Sie die hierfür notwendigen Fähigkeiten der Übernahme von Selbstorganisation und Selbstverantwortung, der Entscheidungsfindung, der Stärkung ihrer Resilienzkraft, der Aufrechterhaltung der Neugier und Stabilisierung ihres Selbstwertes ?

Welche „Future Skills“ sind wirklich sinnvoll, arbeits- und berufsmarktrelevant? Was muss ich dafür weitsichtig und vorausschauend tun? Wie kann man SchülerInen und Studierende frühzeitig zu „DJs ihres Lebens“ machen ? Bestimmt nicht nur mit den alten Mustern.

Und noch etwas hat sich gewandelt, was Jörn Salini korrekt anspricht, wenn er das „Auswendiglernen“ relativiert:

„Spätestens seitdem Deep Blue aus dem Haus IBM hintereinander alle Schach-Weltmeister (1996), Watson die Jeopardy Wonderbrains (Markoff 2011) und schließlich Google auch noch den Go-Champion (2015) besiegte, hat das quantitative Wissen seinen Wert verloren und damit auch seine gesellschaftliche und professionelle Wertschätzung. Die gelehrigen Alleswisser*innen sind nicht mehr die Klassenbesten. Akademische Titel als Einstiegskapital auf dem Arbeitsmarkt verlieren ihren Marktwert und nehmen den Besitzlosen die Möglichkeit, durch immaterielles Vermögen Zugang zum Kapital zu bekommen“ (A. Laurencon; Anja C. Wagner: B(u)ildung 4.0, Berlin, 2018, S.136)

„Nichts und niemand vernetzt so schnell und weit wie Googles Wissensgraph. In Millisekunden durchforstet er Milliarden von Websites, Enzyklopädien, Archive, Plattformen, vernetzt die relevanten Informationen und macht Wissen flüssig.“ (Bauman, Zygmunt. 2013. Culture in a Liquid Modern World. 1. Aufl. Polity.2013). Man muss allerdings Fragen haben und Vorwissen.

Der Biochemiker Gottfried Schatz brachte es im April 2015 in einem Beitrag der Neuen Züricher Zeitung“ auf den Punkt, wenn er vom eigentlichen Qualifikationsziel, der Qualifikation zum (wissenschaftlich-kritischen) Nachdenken und nicht reiner Abfrage auswendig gelernten quantitativen Wissens spricht:

“Dass unser Wissen sich unablässig ändert, ist für Wissenschaftler nicht bedrohlich, denn wir haben zu ihm ein gespaltenes Verhältnis. Zwar setzen wir alles daran, es zu schaffen, doch sobald wir es geschafft haben, misstrauen wir ihm und hinterfragen es. Der Besitz von Wissen bedeutet uns

weniger als die Überzeugung, dass wir Wissen stets neu schaffen können.

Wissen ist ein Kind der Vergangenheit und kann in einer stetig sich wandelnden Welt nie die Zukunft sichern. Dies kann nur die ewig junge Kraft wissenschaftlichen Denkens, die in allem Gegenwärtigen die Hypothese des Zukünftigen sucht. Dazu braucht es Menschen mit neuen Ideen, die es wagen, überliefertes Wissen anzuzweifeln. Es braucht Menschen, die sehen, was jeder sieht, dabei aber denken, was noch niemand gedacht hat. All dies erfordert Mut, der vor allem in jungen Menschen blüht.

(Schatz, Gottfried. 2015. „Die wahren Aufgaben der Universitäten: Echte Bildung anstatt nur Wissensvermittlung“. Neue Züricher Zeitung, 17.4.2015)

Die „Gap“ zwischen der realen Arbeitswelt der (verbeamteten) Lehrenden bzw. der Elterngenerationen und den für den späteren Arbeitsmarkt zu qualifizierenden Nachwuchskräften wird immer größer.

Also, was tun: Darüber reden. Mit allen, die das wollen. Das ist unsere Absicht, unser Wunsch und unsere Verantwortung. Gemeinsam und vor allem über die Voraussetzungen und Chancen reden.

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